Ein neuer Pandemieplan für die Schweiz – Interview mit Anne Iten

Interview mit Anne Iten
© M. Finsterwald

Die Präsidentin der eidgenössischen Kommission für Pandemievorbereitung berichtet über die aktuelle Revision des Pandemieplans Schweiz. Sie spricht über die laufende Vernehmlassung und ihre Erwartungen an das NFP 80.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung (EKP) binden die Stakeholder in den Prozess zur Revision des Pandemieplans ein. Der Pandemieplan dient den kantonalen und eidgenössischen Behörden als Grundlage zur Vorbeugung einer Pandemie und beim Vorgehen im Falle eines Ausbruchs. Ziel ist der bestmögliche Schutz der Bevölkerung. Die Präsidentin der EKP, Anne Iten, freut sich auf den Input der Stakeholder, der im Rahmen der Vernehmlassung eingeholt wird.

Frau Iten, warum wird der Pandemieplan überarbeitet und welches sind die wichtigsten Änderungen zum aktuellen Plan?

Der aktuelle «Influenza-Pandemieplan Schweiz 2018» sieht Massnahmen zur Prävention und Bekämpfung des Influenzavirus vor. Während der Covid-19-Pandemie erschien es uns notwendig, unsere Massnahmen gegenüber allen Krankheitserregern auszuweiten, die eine Pandemie auslösen können. Die respiratorischen Viren stehen jedoch weiterhin im Zentrum des Plans, da wir heute davon ausgehen, dass sie das grösste Potenzial für das Verursachen einer Pandemie haben.

Eine andere kleine Revolution, die sich im Zuge der Überarbeitung anbahnt, betrifft die Schaffung einer Informationsplattform zur Vorbereitung auf eine Pandemie. Der Pandemieplan soll also nicht mehr in Papierform vorliegen, sondern auf einer digitalen Plattform. Mit dieser Änderung wollen wir die Nutzung des Plans und die regelmässige Aktualisierung der Inhalte vereinfachen. Mit dem neuen Format können zudem neue wissenschaftliche Erkenntnisse einfacher berücksichtigt werden. Es lässt sich auch an zukünftige gesetzliche Grundlagen, Projekte auf Bundesebene und organisatorische Veränderungen anpassen.

Welche weiteren Schritte laufen derzeit, um die Revision des Pandemieplans erfolgreich abzuschliessen?

Das BAG und die EKP arbeiten seit 2021 an der Revision des Pandemieplans und stehen dabei in engem Austausch mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren auf diesem Gebiet. Wir haben derzeit den Kreis der Interessengruppen erweitert und den Plan in die Vernehmlassung geschickt. Wir werden die Anmerkungen – so weit wie möglich – im neuen Pandemieplan berücksichtigen, der bis Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.

Sie haben am 7. und 8. März 2024 an der Jahreskonferenz des Nationalen Forschungsprogramms «Covid in der Gesellschaft» (NFP 80) in Weggis teilgenommen. Welche Eindrücke haben Sie dort gewonnen?

Ich war beeindruckt von den relevanten Fragen, welche die Forscherinnen und Forscher in ihren Projekten stellen. Das NFP 80 befasst sich mit Fragen, die die Menschen unmittelbar betreffen. Den Forschungsgruppen ist es gelungen, die Probleme zu identifizieren, welche die Pandemie für sogenannte «gefährdete» Bevölkerungsgruppen zur Folge hatte. Diese Probleme wurden während der Covid-19-Krise deutlich. Der Beitrag des NFP 80 wird wertvoll sein.

Welche Erwartungen haben Sie an das NFP 80 im Zusammenhang mit der Revision des Pandemieplans?

Für uns ist es wichtig zu wissen, ob der Plan gut strukturiert ist und ob er die Informationen liefert, welche die Akteurinnen und Akteure in den betroffenen Bereichen wirklich benötigen. Die Forschenden des NFP 80 arbeiten eng mit Menschen zusammen, die von den vorgeschlagenen Massnahmen betroffen sind. Ihr Feedback wird für uns sehr hilfreich sein. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass der neue Pandemieplan in Zukunft kontinuierlich angepasst werden soll und die vorgeschlagenen Massnahmen aufgrund der Informationen, die wir in Zukunft erhalten werden, sich entsprechend ändern können.